Aus der Geschichte der Bremer Stadtwerke – (1) Die Anfänge der Straßenbeleuchtung

Rolf Hannet

Rolf Hannet

Im März 1955 erschien die erste Ausgabe einer neuen Stadtwerke Betriebszeitschrift, die „Bremer Stadtwerke Rundschau“.

Im Geleitwort zur ersten Ausgabe des Magazins beschreibt der damalige Vorstand der Stadtwerke Herr Haider das Ziel der neuen Zeitschrift mit:

„Was wir mit unserer Zeitschrift wollen, das ist, eine Verbindung zwischen allen bei den Stadtwerken Beschäftigten herzustellen. Unsere einzelnen Betriebe sind praktisch über das gesamte bremische Stadtgebiet verteilt…..und wie wenig weiß der eine von des anderen Arbeit. Hier soll unsere Betriebszeitschrift nun das bisher fehlende Bindeglied sein….“

Und tatsächlich, mit Berichten und Bildern aus dem Alltag der verschiedenen Bereiche, aber auch mit Beiträgen aus Bremen und „umzu“ ist dieses in den Jahren von 1955 bis Mitte der sechziger Jahre hervorragend gelungen. Leider wurde das Magazin Ende 1967 endgültig eingestellt.

Aus heutiger Sicht repräsentiert die Zeitschrift Stadtwerke-Geschichte pur und ist ein Fundus an Beiträgen über die Entwicklung der Stadtwerke Bremen und die Arbeitswelt der „Werksangehörigen“ der fünfziger und sechziger Jahre.

Im Rahmen unserer Museumsarbeit wollen wir mit der Wiederveröffentlichung von Artikeln aus der Zeitschrift die Entwicklung und die damalige Arbeitswelt wieder aufleben lassen.

Beginnen werden wir mit der Artikelserie „Aus der Geschichte der Bremer Stadtwerke“, die einen Überblick von den Anfängen des ersten „Erleuchtungswerkes“ bis zur Energieversorgung Mitte der fünfziger Jahre gibt.

PS Eventuelle Fremdrechte an Artikeln oder Bildern waren nach ca. sechzig Jahren nicht mehr feststellbar. Sollte jemand Rechte haben und mit einer Wiederveröffentlichung in diesem Rahmen nicht einverstanden sein, so kann er sich jederzeit mit uns per E-Mail „info@adern-der-stadt.de“ in Verbindung setzen.

BSR März 1955_1

BSR März 1955_2

BSR März 1955_3

Bürokratie im Kriegsjahr 1941

Heinz-Jürgen Schönberger

Heinz-Jürgen Schönberger

Im Jahre 1941, nach zwei Jahren Krieg in Westeuropa und im Mittelmeerraum, zeichnete sich durch den Kriegseintritt der Sowjetunion und der USA ab, zu welchem Ausmaß sich der 2.Weltkrieg entfalten würde.

Viele europäische Großstädte erfasste der Krieg in Form von Luftangriffen. Schwerpunkte dieser Angriffe waren kriegswichtige Industrieanlagen, aber auch Wohngebiete erlitten massive, verlustreiche Angriffe.

Allein für Bremen verzeichneten die Luftschutzbehörden in 1941 rd. 46 Fliegerangriffe mit vielen Toten, Verletzten und erheblichen Sachschäden, von denen auch die Versorgungs-anlagen der Stadt betroffen waren.

Dem Geschäftsbericht für das Jahr 1941 stellen die Stadtwerke ein Gedenken an acht gefallene Mitarbeiter aus unterschiedlichen Unternehmensbereichen voran.

Der Personalbericht weist aus, dass für die Angehörigen zum Kriegsdienst eingezogener Mitarbeiter Unterhaltszahlungen erfolgten.

Obwohl angesichts der erheblichen Bombenangriffe auch Betriebsanlagen und speziell die Verteilungsnetze im gesamten Stadtgebiet betroffen sein mussten, wird im Geschäftsbericht hierauf nicht explizit eingegangen; sicherlich erforderte die Kriegssituation, dass die Wirkungen alliierter Angriffe in öffentlichen Verlautbarungen nicht besonders hervorgehoben werden durften.

Der Bericht weist auf die angespannte Arbeitslage bei der Gaserzeugung hin. Dabei ist nach heutigen Maßstäben bemerkenswert, dass die Lieferungen an bremische Privat-Haushalte mit einer Gesamtmenge von 41 Mio m³ Stadtgas fast 60% der gesamten Gasabgabe ausmachten. Das Auftreten der Lastspitzen im Sommer lässt den Schluss zu, dass die Kunden das Gas weniger für Heizzwecke sondern überwiegend für Kochzwecke einsetzten. Dazu ein Originalzitat aus dem Geschäftsbericht 1941:

„Es entstand insbesondere in den Sommermonaten durch das Einkochen von Gemüse eine Verbrauchsspitze, die nur unter voller Ausnutzung des Wassergasgenerators bei gleichzeitiger Druckherabsetzung bewältigt werden konnte.“

Für den Betrachter, der den Krieg nur aus Erzählungen, Büchern, Bildern und Filmen kennt, sind Kriegszeiten der totale Ausnahmezustand, in dem die Menschen sich überwiegend um die eigene und die Gesundheit ihrer Angehörigen sorgen, und sich mit den Folgen der Fliegerangriffe beschäftigen. Es ist nur schwer vorstellbar, dass auch sehr profane Dinge ihren Alltag bestimmten:

Im August 1941 entstand aus den vormaligen „Städtischen Werken“ die Stadtwerke Bremen AG mit einem Aktienkapital von 52 Millionen Reichsmark im Eigentum der Stadtgemeinde Bremen.

Ziel der Maßnahme war, die Ausgliederung von Betriebsteilen in die Landeselektrizitätsversorgung Oldenburg zu verhindern; das war die Absicht des zuständigen Reichsstatthalters. Die Umsetzung dieser Umgründung erforderte einige Sitzungen und beschäftigte viele Verwaltungskräfte, Amtsrichter und Notare in Büros und Amtsstuben. Und draußen war Krieg.

So vertraut uns derartige Vorgänge heute in Friedenszeiten in fast allen Wirtschaftsbereichen geworden sind, so fremd muten sie an, wenn gleichzeitig Fliegeralarm droht.

Dass auch im Kriegsverlauf die normale kaufmännische und technische Abwicklung des Unternehmens sichergestellt war, beweist die Existenz des zitierten Geschäftsberichts; gleichwohl trägt die nachstehende Rechnung, die der Gasmann vielleicht in Schutt und Staub einer bombardierten Umgebung abgelesen, errechnet und geschrieben hat, irgendwie etwas sehr „Unwirkliches“ in sich:

Rechnung 1941

Den Notzeiten gehorchend, sind noch die Formulare der „Städtischen Werke“ aufgebraucht worden.

 

 

Wasserzähler – Wassermesser – Wasseruhr

Heinz-Jürgen Schönberger

Heinz-Jürgen Schönberger

 

Wie das Wasser aus dem Hahn – (in Bremen heißt das mitunter auch „Kran“) – kommt, wissen alle; wenn man sehen will wie es in das Haus kommt, geht man in den Keller oder man besucht die Ausstellung des Museums „Die Adern der Stadt“.


So sieht ein moderner Wasseranschluss aus:

 Wasser hausanschluß

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1. Der Druckregler schützt das Hausnetz vor dem notwendigerweise höheren Transportdruck des öffentlichen Versorgungsnetzes; hier wird der Druck eingestellt, den die am höchsten gelegene Entnahmestelle des Hauses erfordert.

2. Die Absperrventile ermöglichen die Trennung der Hausinstallation vom Stadtnetz und lassen den Ausbau des Wasserzählers z.B. zu Eichzwecken zu, ohne die Hausinstallation entleeren zu müssen.

3. Der Wasserzähler ist heutzutage mit einer auswechselbaren Messkapsel versehen. Die gesetzlich vorgeschriebene Eichung erfolgt in einer Prüfeinrichtung zusammen mit dem Gehäuse. Mundartlich heißt das verplombte Gerät schon mal „Wassermesser oder Wasseruhr“; die offizielle Bezeichnung heute ist „Zähler„.

Messkapsel : Messkapsel1

In der Vergangenheit waren Wasserzähler feinmechanische Geräte, die in ihrem Inneren an Uhrwerke  erinnerten und entsprechend teuer und anfällig waren:

Historischer Zähler: Wasser Zähler 1

Eine obligatorische Messung des Wasserverbrauchs aller bremischen Haushalte gibt es seit ungefähr 100 Jahren.Das es davor auch anders ging, zeigt ein Schriftwechsel, der im Archiv der Adern der Stadt gefunden wurde:

Im Jahre 1893 bat der Leiter der Stadt-und Wasserkunst Hamburg den Direktor der Bremer Erleuchtungs- und Wasserwerke um einen Sachstandsbericht zur Wasser-messung in Bremen und erhielt eine Antwort, die aufschlussreiche Aspekte über soziale Verhältnisse in Bremen und über Kostenbewusstsein im Versorgungsunternehmen bietet. Leider ist nur das Konzept des damaligen Schreibens erhalten; es wird auszugsweise beigefügt:

Briefentwurf 2

Transkription:

Geehrter Herr Iben.

Eine allgemeine Verwendung von Waßermeßern würde hier weder waßerspahrend noch wirtschaftlich zu rechtfertigen sein, weil bei den Bremer Wohnverhältnissen (überwiegend Einzelzähler für je 1 Familie) den kleinen Abnehmern das Meßen ebenso viel oder noch mehr kosten würde als das gemessene Waßer selbst. Zudem ist die allerärmste Klaße fast durchweg auf die Freibrunnen angewiesen, die in Mindestentfernungen von 200 Metern über das ganze Wassernetz weit verteilt sind. Dadurch wird der Verbrauch* erheblich eingeschränkt, und betrug die Abgabe im letzten Jahre auf den Kopf der Bevölkerung im Durchschnitt 84, im Höchstbetrag ( im Mai 92 ) 142 Liter, so daß keine Veranlaßung zu ausgedehnter Einführung von Waßermeßern vorliegt.    * (gemeint ist der abrechnungsfähige Verbrauch)

Die damaligen Bremer Erleuchtungs- und Wasserwerke waren ein städtischer Eigenbetrieb. Die Berechnung der Freibrunnenentnahmen und der Verbrauch anderer öffentlicher Einrichtungen wie z.B. Bedürfnisanstalten, Pferdebrunnen etc. an die Stadt wären nach den damaligen sehr pragmatischen Vorstellungen nur eine Buchung im Kreise gewesen; sie wurde zwar statistisch erfasst und in den Jahresberichten des Betriebes dokumentiert, eine Abrechnung erfolgte aber nicht.

Für einzelne Großabnehmer waren Zähler installiert. Die Versorgung der Privathaushalte erfolgte über den Grundstücksanschluss, für den eine pauschale Vergütung zu entrichten war. Nach heutigem Jargon würde das damalige (1893) Verfahren als „Wasser – Flatrate“ bezeichnet.

Industrieansiedlung in der Gründerzeit

Heinz-Jürgen Schönberger

Heinz-Jürgen Schönberger

Zur Erschließung von Schriftgut für museale Zwecke sind alte staubige Akten zu lesen, in ihrem Zusammenhang zu verstehen und zu kategorisieren, dabei finden sich häufig bemerkenswerte Vorgänge.

Industrieansiedlung in der Gründerzeit Am Beispiel Gaswerk Woltmershausen

Nachdem infolge verstärkter Nachfrage der Privathaushalte die Produktionsanlagen der 1848 errichteten alten Gasanstalt im Bereich des Hauptbahnhofs die erforderlichen Mengen nicht mehr bereitstellen konnten, sahen sich die Erleuchtungs- und Wasserwerke nach geeigneten neuen Standorten um. Sie wurden in Woltmershausen in unmittelbarer Nähe zum Hohentorshafen und der Eisenbahnlinie fündig. Für dies Grundstück stellten sie einen Antrag zur Genehmigung der Errichtung und zum Betrieb einer Gasanstalt auf der Mittelkämpe in Woltmershausen.

Sofort wurden Bedenken laut. Mit heute sehr aktuellen Argumenten wie Belästigung durch Rauch, Staub und Ausdünstungen und der Gefahr durch Explosionen wandten sich engagierte Bürger an die Behörde und versuchten den Bau dieser Gasanstalt zu verhindern.

Was in unserer Zeit zu einer Flut von Gutachten und Gegengutachten und kaum endenden Diskussionen führt, hat seinerzeit die Behörde schnell und unbürokratisch gelöst:

Auszug aus der (Original) Genehmigung durch das Landherrenamt:

Auszug aus der Genehmigung durch das Landherrenamt

Transkription: „Die angestellten polizeilichen Ermittlungen haben ergeben, dass die Bewohner der genannten Häuser durch die alte Gasanstalt in keiner Weise belästigt worden sind. Es ist demnach nicht anzunehmen, dass die Beschwerdeführer späterhin durch den Betrieb der neuen Gasanstalt belästigt werden, jedenfalls wird die in § 16 der Gewerbeordnung vorgesehene erhebliche Belästigung nicht eintreten.“

Dem Antrag auf Errichtung und Betrieb der Anlage wurde 1899 stattgegeben.

Es ist nicht Ziel des Verfassers, die heutige Einbeziehung der Bevölkerung in staatliche Planungsvorhaben zu kritisieren, aber die Rückschau gibt der oben genannten Entscheidung Recht: große Beeinträchtigungen durch die Ansiedlung ergaben sich nicht und das Gaswerk ist auch nicht explodiert.

Und so kam es, dass der weiße Löschdampf des Ofenhauses und der rot-weiss karierte Gasometer viele Jahre zum vertrauten Heimatbild der Anwohner gehörten und mancher Pusdorfer im neuen Gaswerk Arbeit und Brot fand.